Man muss letztendlich sehen, in welchem Gesamtkontext Linux steht. Die Unix Verzeichnisstruktur hat seinen Berechtigung und vor allem Sinn. Das man sich von anderen Systemen umgewoehnen muss, das ist klar - keine Frage. Hat man sich damit allerdings erstmal auseinandergesetzt, liegt man klar im Vorteil.
Im Grunde genommen ist es ja mittlerweile auch so, dass ich mir aussuchen kann, welchen Weg ich gehe. Editiere ich Configs per Hand oder nehme ich mir ein Tool, wie beispielsweise YAST, Webmin oder Konsorten dazu. Jedem wie ihm beliebt.
Zudem befinden sich wirklich alle Configs in einem Verzeichnis. Nicht unter C:\Programme\Programm x\bin\bla\blub\drv234.dll oder aehnlichem. Mir reicht da ein /etc/resolv.conf oder /etc/shorewall/zones einfach aus.
Fakt ist, kennt man sich mit den Konfigurationsdateien aus, ist die Konsole der schnellste und eleganteste Weg. Wenn ich mir ueberlege, wie lange es braucht, bis ich unter Windows (oder von mir aus auch in Yast) 'ne IP-Adresse geaendert habe oder 'ne dynamische IP via DHCP zugewiesen bekomme. Da nehm ich mir die Konsole, schaue mir die Syntax fuer ifconfig/iwconfig an oder starte den dhclient und bin um Laengen schneller und einfacher am Ziel, als anderswo.
Man arbeitet einfach viel systemnaher als mit anderen Betriebssystemen, es liegen einfach viel weniger Abstraktionsschichten dazwischen.
Man sollte die Distribution mittlerweile vor allem danach ausrichten, welche Hardware man hat und zu welchem Zweck der PC eingesetzt wird. Ubuntu beispielsweise hat eine weitreichende Unterstuetzung fuer TV Karten integriert, die herkoemmlichen WLAN Chipsaetze werden unter Edgy Eft mittlerweile problemlos a la plug'n'play erkannt. IP Adresse vergeben, Gateway setzen und fertig - oder pppoeconf via apt-get holen, ausfuehren und sich durch den text-gestuetzten Dialog hangeln, falls man noch mittels Dial-Up hantiert.
Auch Gnome hat mittlerweile Quantenspruenge gemacht. Nur als Beispiel: Ich habe hier vor mir ein schaebiges Gericom X5, sowie ein IBM/Lenovo R60e und eine Intel Pentium P4 Workstation, die allesamt problemlos ohne grossen Konfigurationsaufwand mit Ubuntu funktionieren. Und das vor allem besser, als mit Windows - schneller, leichter und intuitiver.
Aber abgesehen davon, sicherlich gehoert zum Desktop-Einsatz von Linux noch eine gehoerige Portion Motivation - ganz im Gegensatz zur Serverwelt. Zu haeufig sind noch kleinere Probleme und Macken mit exotischer Hardware, zu selten die Treiberunterstuetzung und zu aergerlich die Probleme mit proprietaeren Grafikkartentreibern. Zu haeufig muss man einfach noch zusehen, dass einem ein doc oder xls geschickt wird und sich dann ueber die Formatierung unter OpenOffice aergern.
Man muss schon ein kleiner Idealist sein, der die Open Source Bewegung fuer eine enorm maechtige Bewegung haelt, um wirklich absolut schmerzfrei mit Linux im Alltag arbeiten zu koennen.
Aber da bin ich eigentlich ganz beruhigt. Man arbeitet dran und das in einem recht hohen Tempo. Und zu benutzen ist es heute schon, vor allem, wenn man sich auch mal auf das Wagnis begibt, Probleme selbst loesen zu wollen. Man muss nicht der Oberguru der Frickler werden, um Linux gut nutzen zu koennen. Man muss lediglich ein klein wenig Neugierde dafuer aufwenden koennen.
Farewell,
Mike