Azubis sind billige Arbeitskräfte

[chris2000]

Hallo,

entschuldigung, wegen der reißerischen Überschrift.

Nach mehreren Bewerbungsgesprächen als FISI-Azubi habe ich den Eindruck, dass manche Firmen in Azubis in erster Linie billige Arbeitskräfte sehen.

- Warum bilden Firmen überhaupt aus, wenn sie von vornherein wissen, dass sie die FISIs nicht übernehmen werden?

- Ist in Nicht-IT-Firmen mit einem EDV-Verantwortlichen, 100-150 Mitarbeitern (entsprechend vielen Clients), ein paar Windows-Servern und einem Exchange Server überhaupt eine qualifizierte Ausbildung möglich, die genug in die Breite geht? Parallel zum Tagesgeschäft?

- Ich weiß von Azubis, die weder Linux verwenden noch programmieren. Mir geht es nicht um Linux selbst oder das Programmieren, sondern um die Einstellung der Azubis und der Ausbilder. Schränkt man sich so nicht unnötig ein? Auch bei der Stellensuche nach der Ausbildung-ohne-Übernahmemöglichkeit?

- Es soll kleine Systemhäuser geben, in denen die Azubis ausschließlich eine Systemlösung installieren und Telefonsupport machen.

- Ist es üblich, dass FISI-Azubis den Staplerschein machen?

Wie kann ich im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Azubis in erster Linie Hilfsarbeiter sind oder ob sie tatsächlich der Ausbildung entsprechend eingesetzt werden?

Chris

[Gooose]

Zu ein paar von deinen Punkten.

Hallo,

- Warum bilden Firmen überhaupt aus, wenn sie von vornherein wissen, dass sie die FISIs nicht übernehmen werden?

In Deutschland gibt es die Ausbildungsabgabe. Betriebe die nicht ausbilden, müssen eine Sonderabgabe zahlen. Das könnte ein Grund sein, warum sie es tun. Zu dem sind Auszubildende natürlich auch günstig.

Hallo,

- Ich weiß von Azubis, die weder Linux verwenden noch programmieren. Mir geht es nicht um Linux selbst oder das Programmieren, sondern um die Einstellung der Azubis und der Ausbilder. Schränkt man sich so nicht unnötig ein? Auch bei der Stellensuche nach der Ausbildung-ohne-Übernahmemöglichkeit?

Betriebe bilden nach Bedarf aus. Wenn man tiefer in andere Technologien einsteigen will, sollte man eigenständig sich weiteres Wissen aneignen.

Es gibt Firmen die schwören auf Microsoft, manche setzten gemischte Lösungen ein, andere wiederum haben ihren Schwerpunkt im Open Source Bereich. Das kommt ganz auf die strategische Ausrichtung der Firmen an. Wenn du dich an dieser Stelle nicht einschränken lassen willst, ist besondere Eigeninitiative (zuzüglich zur Normalen) gefragt.

Wie kann ich im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Azubis in erster Linie Hilfsarbeiter sind oder ob sie tatsächlich der Ausbildung entsprechend eingesetzt werden?

Chris

Beim Gespräch wird der Gesprächspartner sicherlich etwas über die Firma erzählen, bzw. fragen was man bereits über die Firma weiß. An dieser Stelle kann man Fragen über die Serverlandschaft, mögliche Dienstleistungen für andere Abteilungen, den eigenen Aufgabenbereich stellen. Aus den Antworten könnte man Rückschlüsse auf die Realität ziehen. Im Allgemeinen: Stelle einfach Fragen.

[fyrenum]

In Deutschland gibt es die Ausbildungsabgabe.

Die ist seit längerer Zeit in der Diskussion, wurde aber nie beschlossen. Jedoch bin ich der Meinung, dass ein Betrieb lieber von Anfang an ohne Übernahmechance ausbildet, als gar nicht. Das eröffnet nämlich mehr jungen Menschen realistische Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn auch nicht im Ausbildungsbetrieb.

Zur Frage: Ich denke man kann oft schon ein bisschen raushören, in wie fern die Ausbildung in verschiedene Richtungen (oder halt nur i.R. Hilfsarbeiter geht). Ich habe immer immer gerne Fragen gestellt wie

- Welche Qualifizierungs-/Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es bzw. sind vorgesehen?

- In welchen verschiedenen Abteilungen werden Azubis ausgebildet? (Ich als FISI-Azubi komme beispielsweise neben dem Geschäftsbereich in dem ich eingesetzt werde in die interne IT (Endgeräte und Server), in unsere Programmierungsabteilung und z.B. in den Einkauf) Nebenher haben wir auch die Schulung für die neuen Azubis durchgeführt (Excel, PP, Word, Windows, etc.)

So können nämlich die relevanten Tätigkeiten von FISIs am besten durchlaufen werden, wenn denn der Betrieb wirklich Interesse daran hat.

Hoffe ein wenig geholfen zu haben.

LG

Sven

Bearbeitet 11. März 2010 von fyrenum

[mharms]

Wie kann ich im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Azubis in erster Linie Hilfsarbeiter sind oder ob sie tatsächlich der Ausbildung entsprechend eingesetzt werden?

Hm so direkt wirst du das wohl nicht feststellen können.

Aber du kannst auf ein paar Indizien für das Gegenteil achten.

-Projektarbeiten (oder Aufgaben die nichts mit Wertschöpfung zu tun haben und bei denen du Ressourcen für praktisches Lernen gestellt bekommst. Z.B. eigenes Netzwerk aufbauen)

-Praktikum ( Wenn auch nur einen Tag., könnte dir einen Eindruck geben, wie ausgebildet wird.)

-Wer bildet dich dort aus? (Irgendein allzweck IT-Futzi, der nur das Nötigste beherrscht, damits läuft. Oder jemand, der Erfahrung hat und Ahnung vom Fach. Kann man auch im Praktikum erahnen.)

-Hinterfrag deine Aufgaben im Betrieb. Sollten Antworten kommen wie "Sie werden auch in der Anfangszeit mit unseren Kunden arbeiten", könnte es kritisch werden. Allerdings kann man das nicht verallgemeinern. Kundennahe Praxis ist an sich nichts schlechtes.

Aber ein Betrieb, in dem du als FISI einen Staplerschein machen sollst, würde ich mir als Rettungsleine zurück halten. Auch sehr kleine Betriebe mit nur grundlegender IT-Struktur würde ich mir erstmal nur warm halten. Besser sind größere Betriebe (sehr gut z.B. IT-Dienstleister), die auch schon öfter ausgebildet haben.

Nur bei der heutigen Situation, darf man nicht allzu wählerisch sein.

Viel Erfolg bei deiner beruflichen Zukunft.

mfG

Marco

[Llarian]

-Wer bildet dich dort aus? (Irgendein allzweck IT-Futzi, der nur das Nötigste beherrscht, damits läuft. Oder jemand, der Erfahrung hat und Ahnung vom Fach. Kann man auch im Praktikum erahnen.)

Jemand mit Ahnung vom Fach wird so sehr ins Tagesgeschäft eingebunden sein, daß seine Zeit zu kostbar ist zum Ausbilden.

Kompetenzen müssen aber ja nicht auf eine Person beschränkt sein. Interessanter wäre vielleicht, wie konkret sich ein Betrieb mit dem Thema Ausbildung beschäftigt hat. Gibt es einen betrieblichen Ausbildungsplan? Hat man sich vor Abschluß des Ausbildungsvertrages ein Bild über den Kenntnisstand des Azubis gemacht? Wurde bei entsprechender Qualifikation eine zweijährige Ausbildung angeboten (wenn nicht -> Hilfsdepp). Hat der hauptsächlich für die Ausbildung Verantwortliche eine Vorstellung von den Anforderungen der Abschlußprüfung? (lt. BBiG ist es Aufgabe des Ausbildungsbetriebes, dem Azubi die zum Bestehen der Abschlußprüfung notwendigen Kenntnisse zu vermitteln - Bestehen heißt "vier". Welcher Betrieb stellt jemanden ein, der mit vier bestanden hat?

Auch der Punkt Weiterqualifikation wäre interessant: Wenn die Frage danach mit einem "wir betreiben regelmäßig interne Weiterbildungen" beantwortet wird, ist das ein Unterschied zu z.B. "unsere Mitarbeiter werden zu Kursen und Seminaren von XYZ geschickt" oder "unsere Azubis nehmen während ihrer Ausbildung an Microsoft-Zertifizierungen zum MCP oder MCSP teil". Solche Maßnahmen kosten Geld und werden nicht in Hilfsarbeiter gesteckt.

Grüße

L.

[pruefer_gg]

Wie kann ich im Vorstellungsgespräch herausfinden, ob Azubis in erster Linie Hilfsarbeiter sind oder ob sie tatsächlich der Ausbildung entsprechend eingesetzt werden?

Ein paar Punkte, die mir auf die schnelle einfallen. Wobei jeder für sich ein Mosaiksteinchen ist.

• Hat der Betrieb einen (guten) Ruf? Guten Ausbildungs-Betrieben eilt häufig ein entsprechender Beruf voraus.
  
• Wie professionell ist das Einstellungsprocedere. Gibt es ein mehrstufiges Verfahren (mit Test und Vorstellungsgespräch?)
  
• Wie viele Azubis hat das Unternehmen und wie viele wurden übernommen? Kann man mit einigen vielleicht ungestört reden?
  
• Gibt es in dem Betrieb hauptamtliche Ausbilder?
  
• Gibt es in dem Unternehmen einen Betriebsrat oder vielleicht sogar eine Jugend- und Auszubildenden Vertretung?
  
• Wie ist Dein Bauchgefühl? Wie offen und ehrlich geht man mit Dir um? Wie ist die Arbeitsatmosphäre?
  

Wurde bei entsprechender Qualifikation eine zweijährige Ausbildung angeboten (wenn nicht -> Hilfsdepp).

Einspruch: Vielleicht legt der Betrieb ja nur Wert auf eine geregelte und gute Ausbildung und legt Wert auf gute Ergebnisse!

GG

Bearbeitet 14. März 2010 von pruefer_gg