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Geschrieben

Hallo,

mich beschäftigt akut das Thema Praktikum. Ich absolviere eine Umschulung zum FISI bei einem privaten Bildungsträger. Sie besteht aus 15 Monaten Unterricht dort und dann einem 6-monatigen Praktikum. Dieses Praktikum steht bei mir in drei Monaten an, und ich habe vor kurzem begonnen, mich bei Unternehmen zu bewerben.

Von einem wurde ich gleich zum Vorstellungsgespräch geladen, einem relativ großen Betrieb.

Was ich in dem Gespräch hören musste, war aber etwas fremdartig. Ganz offen sagte man mir, dass ein Praktikant selbstverständlich viel länger für die "Praktikumsarbeit" (von "Projekt" sprach der Herr auch nicht) brauche als 35 Stunden. Man brauche die dreifache Zeit. Er habe noch nie erlebt, dass ein Praktikant das in 35 Stunden geschafft hat. Gegenüber der IHK werde aber gesagt, es seien nur 35 Stunden gewesen.

Praktikanten bekommen dort auch meist nur simulierte Aufträge für ihr Projekt. Man stellt für das Projekt mal ein paar Rechner zur Verfügung.

Ansonsten besteht die Arbeit überwiegend in Aufspielen von Software auf PCs, mal einer Tonerkartusche tauschen usw.

Für diese Arbeiten werden dort offenbar auch nur immer Praktikanten eingesetzt.

Ich habe es leider besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt und kann nicht sehr wählerisch sein. Aber ich möchte solche Verhältnisse nicht akzeptieren. Da muss doch was geschehen.

Welche Ansprüche kann man an einen Praktikumsbetrieb stellen?

Praktikanten sind doch nicht nur "selbst schuld", wenn sie für ihr Projekt viel länger brauchen als vorgesehen.

Was sind eure Gedanken dazu? Was haltet ihr für wesentlich? Wie soll man angesichts solcher Zustände vorgehen?

Geschrieben

Dass Abschlussprojekte nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit realisierbar sind, ist ein offenes Geheimnis, das wissen selbst die IHK-Prüfer, sofern sie nicht total weltfremd sind. Die doppelte bis dreifache Zeit kann man da schon locker einrechnen, egal ob man Praktikant oder Azubi im dualen System ist.

Geschrieben

Hi,

zumal es genau 35! Stunden sein müssen, was ja an sich schon lächerlich ist. Mag sein, dass man bei 34 oder 36 Stunden ein Augen zudrückt, aber ein 28 Stunden oder 50 Stunden Projekt wird nicht genehmigt.

Geschrieben

@nikki und carstenj: Danke für eure Antworten.

Die IHK soll einen Projektantrag ja auch dahingehend betrachten, ob die Stundenanzahlen realistisch sind. Ich habe jetzt auch erfahren, dass es eine gewisse Toleranz gibt. Aber es ist doch wohl kaum hinnehmbar, wenn der Praktikant dann völlig andere Zeiten braucht.

Dass ein Zeitlimit festgelegt ist, hat ja auch gute Gründe. Man soll später im Berufsleben schnell genug arbeiten. Auch in den schriftlichen Prüfungen geht es ja eigentlich hauptsächlich darum, dass man schnell etwas schafft.

Es muss ja offenbar möglich sein, dass man so ein Zeitlimit einhalten kann. Deshalb frage ich mich, wo wohl die Gründe dafür liegen, wenn große Defizite bestehen.

Es kann daran liegen, dass die Praktikumsbetriebe ihrer Aufgabe nicht richtig gerecht werden, es können Mängel bei der Schulung davor sein, oder es fehlt sonst dem Praktikanten grundsätzlich wichtiges Wissen.

Kann da jemand noch ein paar Einschätzungen geben und Rat, wie man Mängel am besten angehen kann?

Geschrieben
Aber es ist doch wohl kaum hinnehmbar, wenn der Praktikant dann völlig andere Zeiten braucht.

Brauchen ist so eine Sache. Aber die Firmen mit den großen Namen stehen natürlich nach außen in der Pflicht, Azubis mit guten Projektarbeiten zu präsentieren.

Dass ein Zeitlimit festgelegt ist, hat ja auch gute Gründe. Man soll später im Berufsleben schnell genug arbeiten.

Eher, weil die Leistungen vergleichbar sein müssen für die Notengebung.

Relevant ist dann auch weniger die Quantität (wieviel hat der Prüfling in die verfügbare Zeit hineingeprügelt) als die Qualität (hat er sein Projektmaagement sauber durchgezogen).

Es muss ja offenbar möglich sein, dass man so ein Zeitlimit einhalten kann. Deshalb frage ich mich, wo wohl die Gründe dafür liegen, wenn große Defizite bestehen.

Nicht notwendigerweise Defizite, eher aus Prestigegründen. Namen wie Siemens oder Fujitsu können es sich nicht leisten, wenn ein Prüfling eine mittelmäßige Arbeit abliefert.

Kann da jemand noch ein paar Einschätzungen geben und Rat, wie man Mängel am besten angehen kann?

Vergiss es. Ich kenne einige Projektarbeiten meiner ehemaligen Mitschüler, die so offensichtlich getürkt waren, dass es schon weh tat beim Lesen. Da paßte kein Datum der einen Auflistung zum anderen. Die haben trotzdem mit 2 in der mündlichen bestanden. Vielleicht als Trostpflaster für diese Peinlichkeit von schriftliche rPrüfung dieses Jahr... Wie auch immer. Die Misstände dieser Ausbildung sind seit 11 Jahren bekannt, Du wirst sie nicht ändern, weil niemand bei IHK oder sonstwo den Wunsch dazu hat.

Geschrieben

Ich denke dass ein wichtiger Punkt bei der Zeitvorgabe ist, dass man lernen soll sich selbst und seine begrenzte Zeit zu managen und zu planen. Vom praktischen Standpunkt aus betrachtet ist so eine Zeitvorgabe aber einfach notwendig, um die Prüflinge miteinander vergleichen zu können. Man kann nicht den gleichen Bewertungsmaßstab anlegen, wenn die Projektdauer irgendwo zwischen > 0 und beliebig vielen Stunden schwankt.

Bezüglich der Aussage zur Projektdauer würde ich mir keine großen Gedanken machen. Letztlich liegt es in deiner Hand, die 35-Stunden-Grenze zu befolgen oder sie etwas flexibler auszulegen. Es macht aber hellhörig, wenn so unverblümt zum Regelverstoß geraten wird. Möglicherweise geht die Firma auch mit anderen Regeln, Gesetzen und Pflichten ähnlich nachlässig um.

In einem Praktikum darf man nicht unbedingt die anspruchsvollsten Aufgaben erwarten. Die Zeit ist mit 6 Monaten ja auch überschaubar. Sofern Alternativen oder noch offene Bewerbungen vorliegen, würde ich mich aber nicht vorschnell für diese Firma entscheiden.

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