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Geschrieben

Hallo Miteinander,

folgender Sachverhalt: Seit drei Jahren mache ich meine Ausbildung in einem Mittelständischen Unternehmen. Kernarbeitszeit ist von Mo. - Do. 8.00h - 17.00h, Fr. 8.00h - 14.15h. Es galt bis Dato für alle Gleitzeit. Es gibt keinen Betriebsrat. Die Arbeitszeiten sind im Ausbildungsvertrag geregelt, bzgl. der Gleitzeit gibt es keine schriftliche Regelung - Es war lediglich eine mündliche Abmachung.

Nun ist das Unternehmen auf die Idee gekommen, durch verschiedene Umstände, dass es für die Auszubildenden keine Gleitzeit mehr geben soll. Der Azubi soll mit dem letzten Mitarbeiter im Büro gehen. (Minus- beziehungsweise Überstunden werden nicht genullt)

Auf welcher Grundlage kann der Arbeitnehmer das so entscheiden? Es gibt genug Arbeit die erledigt werden muss und bei anderen Auszubildenden haben sich Minusstunden aufgehäuft, die so nicht in einem kurzen Zeitraum abgebaut werden können.

Auch ein mündlicher "Vertrag" / eine mündliche Abmachung muss doch von beiden Parteien (Arbeitgeber <-> Arbeitnehmer) angenommen werden?

Ich bedanke mich schon einmal für die Antworten.

Gruß

Theo

Geschrieben

Auf welcher Grundlage kann der Arbeitnehmer das so entscheiden? Es gibt genug Arbeit die erledigt werden muss und bei anderen Auszubildenden haben sich Minusstunden aufgehäuft, die so nicht in einem kurzen Zeitraum abgebaut werden können.

Warum soll ein Azubi etwas dagegen haben, wenn seine Minusstunden einfach so wegfallen? Bei Überstunden ist es natürlich etwas anderes, als Azubi hat man das Recht, dass Übestunden zeitnah ausgeglichen werden (über Gehalt oder Abfeiern).

Geschrieben

§ 4 Absatz 1, Satz 1 BBiG

Aber, ein Berufsausbildungsvertrag ist nicht wegen Nichteinhaltung der Schriftform formnichtig. Siehe Dazu Urteil des BAG vom 21.08.1997 5 AZR 713/96 NJW 1998, 922

Allerdings, kuck mal in deinen Ausbildungsvertrag. Da steht garantiert am Schluss:

Nebenabreden bedürfen der Schriftform.

Geschrieben

Allerdings, kuck mal in deinen Ausbildungsvertrag. Da steht garantiert am Schluss:

Nebenabreden bedürfen der Schriftform.

Wenn das nur so das steht dürfte das ziemlich Bedeutungslos sein, da du das Erfordernis der Schriftform ja mündlich (evtl. ach konkludent) wieder aufheben könntest. Deshalb sollte da korrekterweise noch ein zweiter Satz alla "Mündliche Vereinbarungen über die Aufhebung der Schriftform sind nichtig." stehen :)

Geschrieben
Warum soll ein Azubi etwas dagegen haben, wenn seine Minusstunden einfach so wegfallen? Bei Überstunden ist es natürlich etwas anderes, als Azubi hat man das Recht, dass Übestunden zeitnah ausgeglichen werden (über Gehalt oder Abfeiern).

Die Minusstunden werden nicht genullt...

Den Fachbegriff den du suchst heißt: "Direktionsrecht"

Direktionsrecht

Ich danke dir für diesen Link; Dann hat sich das ja eigentlich geklärt... Das kollektive Arbeitsrecht hat aber, laut Direktionsrecht, Vorrang.

§ 4 Absatz 1, Satz 1 BBiG

Aber, ein Berufsausbildungsvertrag ist nicht wegen Nichteinhaltung der Schriftform formnichtig. Siehe Dazu Urteil des BAG vom 21.08.1997 5 AZR 713/96 NJW 1998, 922

Allerdings, kuck mal in deinen Ausbildungsvertrag. Da steht garantiert am Schluss:

Nebenabreden bedürfen der Schriftform.

"Nebenabreden bedürfen der Schriftform" bedeutet aber doch, dass alles was besprochen wird, schriftlich festgehalten und von beiden Seiten unterzeichnet werden muss?

(Ich habe meinen Ausbildungsvertrag gerade nicht zur Hand, ich werde später da rein schauen)

Gruß

Geschrieben
Wenn das nur so das steht dürfte das ziemlich Bedeutungslos sein, da du das Erfordernis der Schriftform ja mündlich (evtl. ach konkludent) wieder aufheben könntest. Deshalb sollte da korrekterweise noch ein zweiter Satz alla "Mündliche Vereinbarungen über die Aufhebung der Schriftform sind nichtig." stehen :)

Nein, eben nicht. Weil ja die Aufhebung der Schriftform noch zum Zeitpunkt der geltenden Schriftform gemacht wird. Also dann die Schriftform bedingt. Erst alles NACH dem aufheben der Schriftform kann eben auch mündlich gemacht werden.

Geschrieben

Wenn die Floskel mit den Nebenabreden im Vertrag steht und die Regelung über die bisherige Gleitzeit schon nicht schriftlich war, dann haben die Azubis aber doch auch keinen Anspruch darauf, dass sie bestehen bleibt, oder sehe ich das falsch?

Also das ist dann halt s***, aber Pech?

Geschrieben

Aaaahhh!! :)

Richtig, wenn der Satz drinsteht, war die bisherige Regelung schon nichtig.

ABER: Gewohnheitsrecht (mal so als Stichwort)

Wenn bei einer Vereinbarung eine Seite gegen diese Vereinbarung verstösst und die andere Seite davon Kenntnis erlangt und diesen Verstoss ohne Ahndung duldet. Dies auch noch über einen längeren Zeitraum. Dann kommt wiederum das Gewohnheitsrecht zu tragen. Das es eben dann doch wieder gilt. :D

Geschrieben
Aaaahhh!! :)

Richtig, wenn der Satz drinsteht, war die bisherige Regelung schon nichtig.

ABER: Gewohnheitsrecht (mal so als Stichwort)

Wenn bei einer Vereinbarung eine Seite gegen diese Vereinbarung verstösst und die andere Seite davon Kenntnis erlangt und diesen Verstoss ohne Ahndung duldet. Dies auch noch über einen längeren Zeitraum. Dann kommt wiederum das Gewohnheitsrecht zu tragen. Das es eben dann doch wieder gilt. :D

Das heißt, wenn es bis jetzt so war, dass auch Auszubildende Gleitzeit hatten, ohne dass es schriftlich festgehalten wurde und es im Unternehmen üblich ist, gilt das auch weiterhin?

Geschrieben

Aber mal eine andere Sache:

Es heißt doch jetzt "nur", dass die Azubis mit dem letzten Mitarbeiter gehen müssen? Ein gewisses Maß an Flexibilität ist also noch drin?

Die anderen Mitarbeiter müssen ihre Stunden ja auch irgendwie zusammenbekommen, also müsste es doch möglich sein sich so abzusprechen, dass man seine Unterstunden abgearbeitet kriegt? Klar, ein gewisses Maß an Flexibilität geht den Azubis verloren so, aber doch nicht alles?

Geschrieben

Eigentlich schon, nur wenn man so wie ich abhängig von einer Fahrgemeinschaft ist und keine andere Möglichkeit hat zur Arbeit zu kommen, muss man noch flexibler sein als die anderen. Später kommen -> später gehen... Und mit diesem neuen Zeitenmodell geht das nicht so gut...

Geschrieben
Aufgrund von der Sache mit dem Direktionsrecht würde ich vermuten: eher nein, trotz Gewohnheitsrecht Pech gehabt.

Das kollektive Arbeitsrecht steht über dem Direktsionsrecht. Da alle Mitarbeiter Gleitzeit haben, warum nicht auch die Auszubildenden? Und dann diese Regelung erst nach so vielen Jahren?

Geschrieben
Nein, eben nicht. Weil ja die Aufhebung der Schriftform noch zum Zeitpunkt der geltenden Schriftform gemacht wird. Also dann die Schriftform bedingt. Erst alles NACH dem aufheben der Schriftform kann eben auch mündlich gemacht werden.

Ja, eben doch :P

Schriftform ist nicht automatisch "höherwertig" als Sprache (von der Beweisbarkeit nartürlich schon). Das heißt wenn du dich mit deinem Vertragspartner einigst das alle Vertragsänderungen schriftlich zu erfolgen haben hält euch beide nichts davon das wieder gemeinschaftlich aufzuheben. Egal ob schriftlich oder mündlich. Darauf aufbauend kann man dann argumentieren wenn ihr euch zum Beispiel mündlich auf ein anderes Gehalt trotz Schriftformklausel einigt das ihr mit dieser Einigung die Schriftformklausel konkludent außer Kraft gesetzt habt.

Um das zu umgehen ist man dann irgendwann von der einfachen Schriftformklausel zur "qualifizierten" Schriftformklausel übergegangen, welche noch den von mir oben genannten Satz enthält.

Das kann aber wohl Aufgrund von § 305b auch in vielen Fällen ungültig sein, wobei es wohl noch offen ist wie weit sich das dann auch auf Arbeitsverträge bezieht.

PS: Der Link erklärt das auch ein bisschen HENSCHE Arbeitsrecht: Doppelte Schriftformklausel fällt bei AGB-Kontrolle durch

Geschrieben
Das kollektive Arbeitsrecht steht über dem Direktsionsrecht. Da alle Mitarbeiter Gleitzeit haben, warum nicht auch die Auszubildenden? Und dann diese Regelung erst nach so vielen Jahren?

Das kollektive AR gilt aber nur mit Betriebsrat und/oder Mitgliedschaft des AG´s im Tarifrecht. Das Betriebsverfassungsrecht (Teil des kollektiven AR) kann aber auch ohne Betriebsrat angewendet werden, wenn der AG mit den AN´s eine Mitbestimmung vereinbart hat.

Wenn nur den Azubis die Gleitzeit genommen wurden ist, kannste im Grunde nur mit dem Gleichstellungsrecht evtl. was drehen. Wenn überhaupt die Azubis mit den normalen Angestellten gleichzusetzen sind, was bei verschiedenen Arbeitsverträgen (Arrbeitsvertrrag AN <=> Ausbildungsvertrag) meines Erachtens nicht der Fall ist.

Geschrieben

Dazu kommt wahrscheinlich, dass die Gleitzeit auch für die Azubis offenbar gar nicht ganz außer Kraft gesetzt wurde, sondern nur die Weisung erfolgte, sie dürfen nicht allein im Betrieb bleiben, wenn kein Nicht-Azubi da ist, wenn ich das richtig verstanden habe.

Diese Regelung ist ja auch offenbar nicht grundlos ergangen, klang zumindest im ersten Post so?

Der Arbeitgeber kann ja auch einzelne Arbeitnehmer dazu auffordern am ersten Tag einer Krankheit ein Attest vorzulegen, selbst wenn für die Mehrheit im Betrieb die 3-Tages-Regel gilt.

Wenn überhaupt, erreicht man da wohl am ehesten über freundliche Gespräche was, aber wohl kaum über "aber im Arbeitsrecht steht...", vermute ich.

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