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Geschrieben

Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich bin neu hier. Ich bin MItte 30, komme aus Schleswig-Holstein und plane aufgrund verschiedenster Umstände zum 01.08. eine betriebliche (duale) Umschulung zum FISI zu beginnen. Bisher habe ich noch keinen Vertrag, aber immerhin von einem (recht kleinen) Unternehmen eine Zusage unter der Vorraussetzung, auf den Berufsschulanteil zu verzichten sowie für das erste Jahr nach der Ausbilung auf ein Gehalt einzugehen, was fast dem eines Azubis im 3. Lehrjahr entspricht.

Begründet wird die Forderung des Berufsschulverzichts mit der Aussage des Geschäftsführers, man brauche die Berufsschule nicht, da man das alles im Betrieb lernt und die Inhalte der Berufsschule eh völlig veraltet auf dem Stand von ´98 seien.

Das niedrige Gehalt nach der Ausbildung wird damit begründet, man müsse mich ja im dritten Jahr noch weiter innerbetrieblich ausbilden, da es in 24 Monaten einfach nicht möglich sei.

Da dieses ziemlich dubios auf mich wirkt, möchte ich gerne mal eure Erfahrungen oder Meinungen dazu hören. Bisher habe ich dem noch nicht abgesagt, neige aber fast dazu. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, die Prüfung gut bis sehr gut zu absolvieren ohne den Berufsschulanteil, der ja von vorn herein schon auf 2 Jahre verkürzt ist. Leider ist es gar nicht so leicht, hier einen Umschulungsplatz zu finden - auch mit brauchbarem Lebenslauf und fachlichen Vorkenntnissen...

Ich bin gespannt auf eure Reaktionen und bedanke mich schon im Vorraus!

Viele Grüße,

Mirko

Geschrieben

Ich kann deinem Betrieb in soweit zustimmen, dass das, was man in der Berufsschule (im Rahmen einer "normalen" Ausbildung) gelehrt wird, tatsächlich auch im Selbststudium kein Problem darstellt. Ich bin trotzdem froh, dahin gegangen zu sein, weil es mir persönlich die Vorbereitung auf die Prüfung enorm erleichtert hat, weil man die Gelegenheit hat, von den Lehrern mitzubekommen, was denn nun relevant ist für die Prüfung.

Das Gebahren deines Unternehmens macht mich aber schon ziemlich stutzig. Gut, dass man Umschüler vielleicht nicht zur Schule schicken will, weil man das intern gut abfängt, kann vielleicht noch sein. Jemanden nach erfolgter Umschulung aber noch mit Azubi-Gehalt abspeisen zu wollen, halte ich für eine Frechheit. Wenn du es irgendwie hinbekommst, würde ich mir einen anderen Betrieb suchen.

Geschrieben

Bitte was?!

vor 32 Minuten schrieb DerKieler:

Bisher habe ich dem noch nicht abgesagt, neige aber fast dazu.

Neige nicht nur dazu, tu es und zwar sofort... Und vielleicht am besten auch mal die IHK über diesen Käseverein informieren, das kann ja eigentlich gar nicht seriös sein und ne gute Ausbildung versprechen und schreit ja schon nach lächerlicher Ausbeutung und billiger Arbeitskraft. Wirklich dubios, bleib davon bloß weg.

Geschrieben (bearbeitet)

Ich stimme Guybrush und Albi vollkommen zu, die IHK die den Ausbildungsvertrag ja auch unter die Lupe nimmt würde dem auch niemals zustimmen. Der Betrieb sollte gar nicht erst ausbilden mit dieser Einstellung... .

Außerdem (das ist jetzt meine Meinung und Erfahrung) gibt es einiges in der Schule das der Ausbildungs-Betrieb nicht lehrt, allein schon aus meinem 1. Lehrjahr bezweifel ich das ein Betrieb sich hinsetzt und jemandem die trockeneren Dinge wie Arbeitsschutzgesetze/Vorschriften, Rechtsfähigkeit/Rechtsgeschäfte usw. auseinandersetzt.

Die Berufsschule ist soweit ich weiß gesetzlich geregelt, da gibt es kein rütteln. Wenn ihr die IHK umgeht dann stehst du mit Halbwissen und ohne anerkannte "Ausbildung" da.

Bearbeitet von Tician
Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb arlegermi:

Ich kann deinem Betrieb in soweit zustimmen, dass das, was man in der Berufsschule (im Rahmen einer "normalen" Ausbildung) gelehrt wird, tatsächlich auch im Selbststudium kein Problem darstellt

Theoretisch kann man alles im "Selbststudium" lernen. Am häufigsten fallen dennoch die auf die Schnauze, die meinen, alles sowieso schon zu können oder den Unterricht ausfallen lassen zu können. Ich denke, das spricht für sich selbst.

vor 45 Minuten schrieb DerKieler:

Begründet wird die Forderung des Berufsschulverzichts mit der Aussage des Geschäftsführers, man brauche die Berufsschule nicht, da man das alles im Betrieb lernt und die Inhalte der Berufsschule eh völlig veraltet auf dem Stand von ´98 seien.

Teilweise ja, teilweise nein. Manche Dinge ändern sich einfach nicht und waren schon vor 98 so. Andere ändern sich. Aber es geht auch nicht darum, ständig auf dem aktuellen Stand zu sein (dazu muss man sich auf der Arbeit/privat mit IT auseinander setzen) sondern um das "technische Denken". Außerdem lernt man nicht "alles" im Betrieb. Es gibt ja auch den Netzwerktechnik-Teil, den BWL-Teil, Datenbanken usw. und nicht nur das Programmieren. Ich denke außerdem nicht, dass der Betrieb dir alles beibringen wird, wenn er schon sagt: "arbeite lieber statt in die Schule zu gehen". Dann wird er auch sagen: "mach lieber Aufgaben für Deppen, statt dass wir dir was beibringen".

vor 47 Minuten schrieb DerKieler:

Das niedrige Gehalt nach der Ausbildung wird damit begründet, man müsse mich ja im dritten Jahr noch weiter innerbetrieblich ausbilden, da es in 24 Monaten einfach nicht möglich sei.

Mit dem Bestehen der mündlichen Prüfung bist du kein Azubi mehr, sondern eine Fachkraft. Natürlich muss man erst eingearbeitet werden, wenn man eine neue Stelle antritt und schafft nicht sofort 100% effektiv mit. Aber du wärst dann schon zwei Jahre im Unternehmen und weißt worum es geht. Daher finde ich das Argument haltlos.

Fazit: Finger weg. 

Geschrieben (bearbeitet)

https://de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht_(Deutschland)#Berufsschulpflicht

Würde den Kerl/Laden echt der IHK melden

Es ist möglich, dass ein Betrieb dich für 1, 2 Tage mal nicht zur Berufsschule schickt, weil vlt. ein Projekt knapp wird. Das sehen manche Schulen sogar ein. Voller Verzicht ist allerdings nicht mit aktuellem Recht vereinbar.

Bearbeitet von KeeperOfCoffee
Geschrieben
vor 25 Minuten schrieb pr0gg3r:

Theoretisch kann man alles im "Selbststudium" lernen. Am häufigsten fallen dennoch die auf die Schnauze, die meinen, alles sowieso schon zu können oder den Unterricht ausfallen lassen zu können. Ich denke, das spricht für sich selbst.

Ich sag ja: Mit Engagement bekommt man das wirklich problemlos hin. Und ich kann im Nachhinein wirklich sagen, dass ich in der Berufsschule nichts neues gelernt habe (ausgenommen selbstverständlich das formelle was die IHK, bzw. die Prüfung angeht). Und trotzdem bereue ich es nicht, hingegangen zu sein.

@KeeperOfCoffee: Wenn du dir die Tabelle auf der Seite anguckst, dann wirst du sehen, dass spätestens mit 21 niemand mehr zur Berufsschule muss. Ein Kumpel von mir hat das auch so gemacht - fand's im Nachhinein aber auch nicht wirklich geschickt. Weil einem eben die konkrete Vorbereitung auf die Prüfung fehlt.

 

Geschrieben (bearbeitet)

Also Berufsschule is echt mal nix. Das muss ich ja auch sagen.
Da biste ein Drittel der Zeit mit Religion, Politik und Co. beschäftigt, was per se komplett irrelevant ist.
Dazu kommt ein Drittel wo man eigentlich was lernen sollte, wie z.B. bei Anwendungsentwicklung, Englisch und Co. aber am Ende doch nichts lernt, weil das Niveau so gedrosselt wird, dass man nach x Monaten dann auch tatsächlich mal eine Klasse in Java programmieren darf und das war das Highlight.
Und zu guter Letzt gibt es dann vielleicht wirklich ein Drittel, wie Wirtschaft und Co. wo man auch tatsächlich mal was lernt.

Aber wenn ich überlege, wirklich was gelernt habe ich bei dem IHK Vorbereitungskurs (für die Prüfung) und im Betrieb (für die Praxis).
In der Schule habe ich fast nichts gelernt und das bisschen kann man tatsächlich problemlos anderweitig lernen.

...

Nichts desto trotz finde ich das nicht in Ordnung zu sagen, "Keine Schule". Einfach aus Prinzip.
Das gehört zur Ausbildung dazu und fertig. Und ganz umsonst ist es ja eben auch nicht.

Von daher kann ich den Chef zwar nachvollziehen, würde es aber nie so machen.
Am Ende musst Du nun wissen, ob es Dir das wert ist oder nicht. :)

Bearbeitet von Errraddicator
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb DerKieler:

... sowie für das erste Jahr nach der Ausbilung auf ein Gehalt einzugehen, was fast dem eines Azubis im 3. Lehrjahr entspricht.

Das dürfte mit BBiG §12, Satz 1 kollidieren. Eine derartige Vereinbarung gleich im Ausbildungsvertrag verankert ist nichtig.

Geschrieben

Hallo Community,

zumal ja mit Bestehen der Ausbildung der Ausbildungsvertrag ausgelaufen ist und man mit dem 1. Handschlag danach einen neuen Arbeitsvertrag zu den üblichen Bedingungen "hat", da nicht weiter verhandelt oder niedergeschrieben wurde.

Berufsschule ist so eine Sache, hat schon mal einer darüber nachgedacht, wie es wohl sein mag mit 35. Jahren in eine Klasse halbstarker 17. jähriger zu sitzen. Das man die Berufsschule "weglassen" kann ist mir allerdings auch neu, wobei dann natürlich auch nicht mehr von "dualer Ausbildung" gesprochen werden kann. Das ist alles an die klassische (Erst-)Ausbildung mit 16 angepasst. Allerdings fehlt hinterher auch da staatliche Zeugnis mit allen drum und dran. Mag man mich steinigen, jedoch besteht arbeiten lernen nicht nur aus Code-tippen, da geht es auch um Arbeitsmoral und kollegialem Verhalten unter Nichtabhängigen.

Grüße

Micha 

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Errraddicator:

Also Berufsschule is echt mal nix. Das muss ich ja auch sagen.
Da biste ein Drittel der Zeit mit Religion, Politik und Co. beschäftigt, was per se komplett irrelevant ist.
Dazu kommt ein Drittel wo man eigentlich was lernen sollte, wie z.B. bei Anwendungsentwicklung, Englisch und Co. aber am Ende doch nichts lernt, weil das Niveau so gedrosselt wird, dass man nach x Monaten dann auch tatsächlich mal eine Klasse in Java programmieren darf und das war das Highlight.
Und zu guter Letzt gibt es dann vielleicht wirklich ein Drittel, wie Wirtschaft und Co. wo man auch tatsächlich mal was lernt.

Da scheinen sich die Berufsschulen echt ungemein zu unterscheiden. Klar hatten wir auch Sport und Politik - aber nur im ersten Lehrjahr. Religion wird hier gar nicht unterrichtet. Dafür hatten wir Deutsch. Dabei muss ich aber sagen, dass wir dort vor allem Techniken zum freien Reden und Präsentieren gelernt haben. Was jedoch auch für die Abschlussprüfung sicher als hilfreich angesehen werden kann.

Was die ganzen (Betriebs-)Wirtschaftlichen Themen angeht, ist der Unterricht, zumindest aus meiner Sicht, auch schwer durch Betrieb und Selbststudium zu ersetzen.

Wir haben im Übrigen nicht nur nach x Monaten eine Klasse in Java programmiert und es damit belassen. Wir haben hier regelmäßig eigenständige Programmierprojekte, die alles bereits gelernte umfassen. Vor allem auch die Theorie dahinter - ERD, UML, Paper Prototyping, etc. Auch wird bei uns in der Schule Projektmanagement groß geschrieben und die Grundlagen gelehrt, die in vielen Betrieben leider sehr sporadisch umgesetzt, geschweige denn gelehrt werden.

Also ich wäre vermutlich ohne den Berufsschulunterricht ziemlich aufgeschmissen was die Abschlussprüfung und vor allem das Projekt angeht.

Ein weiterer Vorteil der Berufsschule ist, dass viele der Lehrer in den Prüfungsausschüssen der IHK sitzen und einem aus erster Hand erklären können, was dort wirklich wichtig ist um seine Ausbildung erfolgreich zu beenden. Viele Betriebe haben davon nicht wirklich eine Vorstellung sondern lehren nur das, was für den eigenen Betrieb von Bedeutung ist.

 

vor 2 Stunden schrieb mqr:

Berufsschule ist so eine Sache, hat schon mal einer darüber nachgedacht, wie es wohl sein mag mit 35. Jahren in eine Klasse halbstarker 17. jähriger zu sitzen. Das man die Berufsschule "weglassen" kann ist mir allerdings auch neu, wobei dann natürlich auch nicht mehr von "dualer Ausbildung" gesprochen werden kann

17-Jährige waren bei uns in der Berufsschule eher die Ausnahme. Der Durchschnitt der Schüler ist zwischen 20 und 25 und eher mal jemand der um die Dreizig ist.

Die Berufsschulpflicht von Auszubildenden scheint in jedem Bundesland anders geregelt zu sein - Schulangelegenheiten sind nunmal immernoch Bundessache (auch wenn mir der Sinn dahinter verborgen bleibt).

Bei uns in NRW ist es tatsächlich so, dass man auf den Berufsschulunterricht verzichten kann, sofern man das 21. Lebensjahr bei Abschluss des Ausbildungsvertrages vollendet hat. In Hessen beispielsweise besteht jedoch immer Berufsschulpflicht.

Soweit ich weiß, besteht aber auch in Schleswig-Holstein, wo der TO ja herkommt, immer Berufsschulpflicht. Notfalls einfach mal erkundigen.

 

Kann mich aber den anderen auch nur anschließen. Um so einem Betrieb solltest du einen großen Bogen machen.

Geschrieben
vor 15 Stunden schrieb Errraddicator:

Nichts desto trotz finde ich das nicht in Ordnung zu sagen, "Keine Schule". Einfach aus Prinzip.
Das gehört zur Ausbildung dazu und fertig. Und ganz umsonst ist es ja eben auch nicht.

Wir hatten damal in der Ausbildung auch keine Berufsschule und haben alle Prüfungsrelevanten Themen vom betrieb beigebracht bekommen. Dazu gesagt werden muss, das bei uns in der Ausbildung auch keiner mehr Berufsschulpflichtig war, alle hatten abi und einige schon ne ausbildung oder abgebrochesnes studium.

Geschrieben

Guten Morgen,

Ich danke euch allen für Eure Meinungen zu meinen Fragen. Im Grunde decken die sich im großen und ganzen mit meiner Meinung. Natürlich ist mir bewusst, dass eventuell nicht alles in der Berufsschule von höchster Wichtigkeit ist - aber dennoch ist ja auch hier die klare Meinung, dass es ohne Berufsschule echt schwer wird bzw. werden kann. Anbei nochmal der Berufsschullehrplan... ich sehe da auch den ersten Blick auch kaum "überflüssige" Themen.

Einen weiteren Aspekt hatte ich zu dem Thema noch gar nicht angeführt... ich hatte den GF gefragt, ob ich dann anstatt der Berufsschule zumindest gewisse Zeiten pro Woche freigestellt werden kann um zu lernen bzw. mir die Berufsschulinhalte selbst beizubringen. Dies wurde verneint - somit verstärkt sich natürlich der Eindruck der Ausbeutung...

Ich versuche jetzt Alternativen hier im Großraum Kiel zu finden. Leider sind so gut wie alle Ausbildungsplätze schon belegt. Ich versuche jetzt noch an verschiedene Unternehmen heranzutreten, ob nicht jemand vielleicht einen Umschulungskostenplatz schaffen kann... Kommt von Euch jemand aus dem Großraum Kiel / Neumünster / Plön und kann mir vielleicht noch seriöse Unternehmen empfehlen, die auch einer Umschulung nicht von vorn herein negativ gegenüber stehen? Achja, eine abgeschlossene Ausbilung als Energieelektroniker habe ich vorzuweisen - genauso wie durchgängiger Berufserfahrung u.a. 10 Jahre als Quereinsteiger im kaufmännischen Bereich... Antworten zu möglichen Betrieben oder vielleicht sogar Ansprechpartnern bitte per PN.

 

Viele Grüße,

Mirko

IT-Flyer2013.pdf

Geschrieben

@Rienne

Das kenn ich echt wirklich gar nicht. :D

Bei uns - in Dortmund - haben bisher fast alle leider eher schlechtes über die Berufsschule zu erzählen.
Egal ob bei mir damals, also anno Anfang der 2000er, oder aber eben bis heute und alles dazwischen.

Einzelne Fächer waren gut, keine Frage.
Aber der Großteil war und ist wohl echt über und viel zu sehr an den Sorgenkindern der Klassen orientiert, so dass 2/3 der Schüler nur gelangweilt rum saß.
GERADE wenn es um die technischen Fächer wie Programmieren oder Netzwerke ging.

Dazu passt, dass jeder den ich kenne, welcher die Abschlussprüfung ohne den IHK Vorbereitungskurs geschrieben hat, deutlich schlechter abgeschnitten hat, wie diejenigen, die es gemacht haben.
Deswegen sind die Dinger hier auch regelmäßig ausgebucht. *G*

...

Aber so unterschiedlich können die Erfahrungen da wohl sein. :)

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