timo93 Geschrieben 10. November 2016 Geschrieben 10. November 2016 (bearbeitet) Hallo zusammen, ich beende demnächst meine Ausbildung zum FIAE und mache mir Gedanken zur Gehaltsverhandlung. Wir arbeiten im privaten Versicherungsgewerbe und folgen den Tarifverträgen der Branche, insbesondere dem Gehaltstarifvertrag und dem Anhang zum Manteltarifvertrag. Mich interessiert jetzt vor allem, was ich bei Gehaltsgesprächen beachten muss, wenn mein Unternehmen an Mantel- und Gehaltstarife gebunden ist. Um es etwas konkreter zu formulieren: Meines Wissens fangen alle unsere Azubis (und auch duale Studenten) nach der Ausbildung in Tarifgruppe 3 an, was laut "Anhang zum Manteltarifvertrag" Tätigkeiten umfasst, die "Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im Allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden". Beispielaufgabenbereiche sind "Einfache Vor- und Nacharbeiten in der IT" und "Einfaches Bedienen von IT-Anlagen". Ebenfalls im Anhang steht, dass "[wenn] eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt [ist], ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist". Aufgrund dieser Aussage sehe ich mich eher in Tarifgruppe 4 oder 5, denn dafür sind "Programmierarbeiten mit einfacher Aufgabenstellung" resp. "Programmierarbeiten" (normaler Schwierigkeitsgrad) vorgesehen. Wie stark kann/sollte ich darauf pochen? Ich war in meiner Ausbildung sehr engagiert und habe im Vergleich zu anderen FIAEs im Betrieb mehr geleistet, z.B. einen Berufsschulschnitt von 1.0, sehr gute Zwischen- und Abschlussprüfung und von Beginn an produktive (d.h. aus meiner Sicht "normale") Programmierarbeiten übernommen. Meine Arbeitsergebnisse wurden immer sehr gut bewertet und teilweise wurde kommentiert, dass man keinen Unterschied zu einem normalen Entwickler gemerkt hat (ich hatte leichte Vorkenntnisse vor der Ausbildung und beschäftige mich auch in der Freizeit gerne mit Softwareentwicklung). Mit "Einfachen Vor- und Nacharbeiten in der IT" (Tarifgruppe 3) bzw "Programmierarbeiten mit einfacher Aufgabenstellung" (Tarifgruppe 4) bin ich ehrlich gesagt unterfordert und würde mich vermutlich auch nicht angemessen bezahlt fühlen, wenn ich nach der Ausbildung "Programmierarbeiten" erledige aber für "Einfache Vor- und Nacharbeiten" bezahlt werde. Wie würdet ihr mit dieser Situation umgehen? Welchen Verhandlungsspielraum habe ich hier überhaupt? Grüße P.S.: Ich bin auch dankbar für sonstige Tipps rund um Gehaltstarifverträge. Zum Beispiel, ist es vermutlich besser, in einer höheren Gruppe einzusteigen anstatt in einer niedrigeren Gruppe mit mehr Berufsjahren auf das gleiche Brutto zu kommen oder? Vielleicht hat ja auch hier konkret jemand Erfahrung mit der Eingruppierung im "privaten Versicherungsgewerbe" und möchte sie teilen? Bearbeitet 10. November 2016 von timo93 Fragen angehängt Zitieren
tsuNaMe Geschrieben 10. November 2016 Geschrieben 10. November 2016 (bearbeitet) Hallo timo93 1 hour ago, timo93 said: [...] Meines Wissens fangen alle unsere Azubis (und auch duale Studenten) nach der Ausbildung in Tarifgruppe 3 an,[...] 32K + X (ich habs jetzt nicht genau ausgerechnet) ist für den Einstieg eines FIAE nach der Ausbildung ein solider Wert. Abhängig von der Region auch ein sehr guter, oder eben auch ein eher schlechter ( München, Frankfurt usw.). Wenn du weißt, dass alle anderen IT Azubis so eingestuft werden, dann musst du dir sehr gute Argumente überlegen und am besten auch gleich wie dein Gegenüber versucht diese zu entkräften. Da wird ein "ich war aber Klassenbester" nicht ausreichen, besser ist da schon deine "Produktivität im Projekt X , Y und Z". 1 hour ago, timo93 said: Wie stark kann/sollte ich darauf pochen? [...] Wie würdet ihr mit dieser Situation umgehen? Welchen Verhandlungsspielraum habe ich hier überhaupt? Es gibt drei mögliche Szenarien: * Du kriegst das, was alle bekommen und du akzeptierst es * Du kriegst das, was du aushandelst. * Du gehst, wenn du nicht kriegst was du dir als finanzielles Ziel gesteckt hast. Wenn du zu letzterem nicht bereit bist, dann bleiben noch die ersten beiden Optionen. Überlege dir daher was dein Ziel ist, was du mindestens erreichen willst und was dein Plan ist wenn dir weniger geboten wird (bleiben oder eben leider gehen). Ich finde es immer schwierig Pauschal die Einstufungen von "IT" in diesen Rahmenverträgen wieder zu finden. Für nicht IT affine Menschen ist vielleicht alles böhmische Dörfer, bei manchen fängt "echtes Programmieren" erst bei HEX-Code fließend lesen an. Das sind jetzt zwei Extreme, aber zeigt hoffentlich, dass man das leider nicht pauschal sagen kann. Was man aber sicherlich versuchen kann, mit stichhaltigen Argumenten eine höhere Eingruppierung begründen. Was ich in jedem Fall machen würde, mehrere Verhandlungsrunden zu führen. Ruhig beim ersten mal die Gruppierung in Lohngruppe 5 nennen, schauen wie Sie reagieren und auf 4 Runterhandeln lassen (in der nächsten Runde). Wenn Sie beim ersten mal dir nur 3 anbieten, um Bedenkzeit bitten. Bearbeitet 10. November 2016 von tsuNaMe bummel reagierte darauf 1 Zitieren
neinal Geschrieben 11. November 2016 Geschrieben 11. November 2016 Ich habe meine Ausbildung auch in einem Betrieb gemacht, der nach Tarifvertrag bezahlt. Bei uns war es allerding so, dass die Leute, die während der Ausbildung älter als 21 waren, die Jahre der Ausbildung als Berufserfahrung angerechnet bekommen haben. Warum da ein Unterschied gemacht wird, weiß ich nicht. Ob das bei dir zutreffend wäre, weiß ich natürlich auch nicht. Ansonsten ist es meiner Erfahrung nach eher schwierig, viel zu verhandeln. Man kann und sollte es natürlich probieren. Aber ich weiß nicht inwiefern man da Spielraum hat. Zitieren
timo93 Geschrieben 12. November 2016 Autor Geschrieben 12. November 2016 (bearbeitet) On 11/10/2016 at 6:14 PM, tsuNaMe said: Was ich in jedem Fall machen würde, mehrere Verhandlungsrunden zu führen. Ruhig beim ersten mal die Gruppierung in Lohngruppe 5 nennen, schauen wie Sie reagieren und auf 4 Runterhandeln lassen (in der nächsten Runde). Wenn Sie beim ersten mal dir nur 3 anbieten, um Bedenkzeit bitten. Danke fuer die Antwort. Das mit der Bedenkzeit kann ich nicht ganz nachvollziehen. Was kann ich mir davon versprechen bzw. wozu sollte ich sie deiner Meinung nach nutzen? On 11/11/2016 at 10:07 AM, neinal said: Ich habe meine Ausbildung auch in einem Betrieb gemacht, der nach Tarifvertrag bezahlt. Bei uns war es allerding so, dass die Leute, die während der Ausbildung älter als 21 waren, die Jahre der Ausbildung als Berufserfahrung angerechnet bekommen haben. Warum da ein Unterschied gemacht wird, weiß ich nicht. Ob das bei dir zutreffend wäre, weiß ich natürlich auch nicht. Ansonsten ist es meiner Erfahrung nach eher schwierig, viel zu verhandeln. Man kann und sollte es natürlich probieren. Aber ich weiß nicht inwiefern man da Spielraum hat. Ja, zur Berufserfahrung zählen bei uns meines Wissens alle nicht-arbeitslosen Jahre zwischen Volljährigkeit und Beendung der Ausbildung. Wer also mit 28 mit der Ausbildung fertig ist und vorher nicht arbeitslos war, steigt mit 10 Jahren Berufserfahrung ein, selbst wenn er vorher Heilpädagogik studiert hat. Ganz sicher bin ich mir bei der Berechnung aber nicht und es scheint auch kein anderer Azubi oder kürzlich Ausgelernter zu wissen. Sollte ich vielleicht einfach mal ein klärendes Gespräch mit der Personalabteilung zur Eingruppierung suchen? Falls ja, sollte ich dabei schon konkret auf die Diskrepanz zwischen typischer (niedrigerer) Eingruppierung und laut Aufgabenstellungen/Manteltarif vorgesehener Eingruppierung eingehen oder schieße ich mir damit selbst ins Knie? Grüße Bearbeitet 12. November 2016 von timo93 Zitieren
JimTheLion Geschrieben 14. November 2016 Geschrieben 14. November 2016 Ich würde einfach erstmal warten was die für ein Angebot gemacht wird. Wenn dir die 3 angeboten wird, frag nach warum. Mach deutlich, dass du dich über die Charakteristik der Einstufung informiert hast und du deine Arbeiten anders einschätzt. Wenn es bei der 3 bleib frage nach unter welchen Gegebenheiten daraus eine 4, 5 oder mehr wird. Wäre auch so eine interessante Frage. Werden die getätigten Aufgaben regelmäßig (jährlich/halbjährlich) bewertet um die Schwierigkeit festzustellen und dann die Tarifgruppierung anzupassen? Gerade zu Beginn sollte so ein Feedback-Gespräch und die Planung der nächsten größeren Aufgaben nicht zu lange auf sich warten lassen, such nach spätestens einem Jahr das Gespräch um vom "Junior-Status" wegzukommen. Wenn dein Auftreten deinen Noten entspricht würde es mich stark wundern wenn man dich nicht in die passende Gruppe steckt. Ist die Frage nur noch, ob deine fachlichen Leiter die von dir erledigten Aufgaben auf der gleichen Niveaustufe ansiedeln wie du. Am 10.11.2016 um 17:15 schrieb timo93: P.S.: Ich bin auch dankbar für sonstige Tipps rund um Gehaltstarifverträge. Zum Beispiel, ist es vermutlich besser, in einer höheren Gruppe einzusteigen anstatt in einer niedrigeren Gruppe mit mehr Berufsjahren auf das gleiche Brutto zu kommen oder? Ja. Diese Berufserfahrungsstufen sind ja in der Regel so gestaffelt, dass die nächste Stufe länger braucht als die zuletzt erreichte. Z.B. Start: 1 nach einem Jahr: 2 nach 2 weiteren Jahren: 3 nach 3 weiteren Jahren: 4 Wenn du also bei der höheren Gruppe B mit Stufe 1 das gleiche Geld wie auf der niedrigen Gruppe A mit Stufe 3 hast, würde schon im nächsten Jahr die Erhöhung auf Gruppe B Stufe 2 kommen. Bei Gruppe A müsstest du 2 weitere Jahre warten bis du Stufe 4 erreicht hast und dann mehr bekommst. (Und dann kann es sein, dass du mit Gruppe B Stufe 2 mehr verdienst als Gruppe A Stufe 4) Zitieren
Bockreiter Geschrieben 15. November 2016 Geschrieben 15. November 2016 (bearbeitet) Am 14.11.2016 um 09:29 schrieb PVoss: Ich würde einfach erstmal warten was die für ein Angebot gemacht wird. Wenn dir die 3 angeboten wird, frag nach warum. Mach deutlich, dass du dich über die Charakteristik der Einstufung informiert hast und du deine Arbeiten anders einschätzt. Nicht die Fähigkeit sondern die Tätigkeit wird bezahlt ;-) Wenn also wirklich "nur" die 3 angeboten wird, frag nach der Stellenbeschreibung. Wenn du diese hast gleich sie mit den beschriebenen Tätigkeiten aus dem Tarifvertrag ab. Argumentier über eben diese Stellenbeschreibung. Stehen dort nur Tätigkeiten der Gruppe 3 oder sind auch Tätigkeiten der Gruppe 4/5 enthalten? Dass du mehr kannst weißt du, aber wenn der AG dich für "höhere" Tätigkeiten nicht bezahlen will, wirst du dein Potenzial wohl nicht einbringen (wollen/können). Gruß Bockreiter Bearbeitet 15. November 2016 von Bockreiter Zitieren
Graustein Geschrieben 15. November 2016 Geschrieben 15. November 2016 Oft gibt es für gerade fertige aber auch ein oder zwei EG Malus. Ich habe beispielsweise die EG10 IGM Bayern und meine neue Kollegin fängt erst mal in 8 an Zitieren
JimTheLion Geschrieben 15. November 2016 Geschrieben 15. November 2016 vor einer Stunde schrieb Bockreiter: Nicht die Fähigkeit sondern die Tätigkeit wird bezahlt ;-) Davon abgesehen, dass ich 'Arbeiten' eher weniger mit 'Fähigkeiten' gleichsetzen würde, wie du es wohl tust. Hast du auch weitergelesen? Am 14.11.2016 um 09:29 schrieb PVoss: Wenn es bei der 3 bleib frage nach unter welchen Gegebenheiten daraus eine 4, 5 oder mehr wird. Wäre auch so eine interessante Frage. Werden die getätigten Aufgaben regelmäßig (jährlich/halbjährlich) bewertet um die Schwierigkeit festzustellen und dann die Tarifgruppierung anzupassen? vs vor einer Stunde schrieb Bockreiter: Wenn also wirklich "nur" die 3 angeboten wird, frag nach der Stellenbeschreibung. Wenn du diese hast gleich sie mit den beschriebenen Tätigkeiten aus dem Tarifvertrag ab. = Gleiche Sache, anders formuliert? Zitieren
timo93 Geschrieben 15. November 2016 Autor Geschrieben 15. November 2016 (bearbeitet) Vielen lieben Dank für die Antworten. Ich werde wohl das Einzige machen, was ich kann: mich vorbereiten und beim Verhandeln mit der angestrebten Tätigkeit argumentieren und weshalb ich dafür geeignet bin. Falls es gar nicht meinen Vorstellungen entspricht, frage ich, was ich für die entsprechende Eingruppierung tun muss und wie wir gemeinsam dahinkommen. Ansonsten gehe ich erstmal mit meiner hoffentlich vernünftigen Maximalforderung ins Rennen und lasse mich u.U. in einer zweiten Verhandlungsrunde auf einen Kompromiss ein. So viel zur Theorie. Jetzt bin ich gespannt auf die Praxis und das Angebot Grüße Bearbeitet 15. November 2016 von timo93 bummel und JimTheLion reagierten darauf 2 Zitieren
nurix Geschrieben 25. November 2016 Geschrieben 25. November 2016 Hi, ich hatte auch FIAE in einem Versicherungsunternehmen gelernt und wurde mit TG 4 eingestuft. Voraussetzung war nur eine Note besser gleich 2,5. Das ist im Manteltarifvertrag geregelt TG 3 ist das Minimum für ausgelernte, s. Manteltarifvertrag: Zitat (...) Angestellte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung sind jedoch mindestens in Gehaltsgruppe III einzustufen. Abweichungen(...) Versicherungskaufleute sollten nach bestandener Abschlussprüfung mit guten Leistungen in die Gehaltsgruppe IV eingestuft werden. Unter guten Leistungen sind Benotungen bis 2,5 zu verstehen. Zur Beurteilung sind sowohl die Benotungen der Kammerprüfung als auch die betrieblichen Leistungen heranzuziehen. Das gilt bei uns auch für die Fachinformatiker. Duale Studenten werden in TG 5 eingestuft. Wie das aber andere Versicher handhaben, weiß ich ncht. Die vertikale Eingruppierung hängt von deinem Alter ab. Maßgeblich ist die Zeit ab dem 18. Lj. relevant. Wenn die 93 aus deinem Nicknamen das Geburtsjahr darstellt, bist oder wirst du 23. Jahre alt. Damit würdest du im Berufjahr 6 landen. Alle zwei Jahre rutscht man dann automatisch runter, wie in der Gehaltstabelle angegeben. Im Manteltarifvertrag auch unter § 5 Berufsjahre zu finden. Wenn du ganz sicher gehen willst, kannst du ja mal EX-AZUBIS fragen die noch im Unternehmen sind. Oder deinen Ausbilder oder jemanden vom Betriebsrat/ Personalabteilung. Zitieren
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