Alrik Fassbauer Geschrieben 24. Mai 2002 Teilen Geschrieben 24. Mai 2002 Ein Artikel von mir aus den Heise-Online-Foren: "Technikfundamentalisten" - interessanter Ausdruck... AlrikFassbauer (23. Mai 2002 10:55) So, ich hab jetzt ein paar Mal den Ausdruck "Technikfundamentalisten" gelesen. Ich finde diesen Begriff aus mehrfacher Hinsicht interessant: - Im Begriff "Fundamentalismus stecken mMn zwei Wörter mit drin: "mental" und "fundus". Es ist also vermutlich eine Denkrichtung. - "Fundamentalismus" betrifft eine Denkrichtung, die sich an "den Grund an sich" richtet. Implizit, nicht explizit deutet dieser Begriff an, daß man damit konservativ ist, je nachdem zum Teil sehr konservativ. Fundamentalismus also, als "dem Grund" als nächstem gestellt tendiert von der Bedeutung her in eine Richtung, die ich in der Politik als "rechts" bezeichnen würde. - "Technikfundamentalismus" impliziert also, daß jemend, der Mitglied dieser Denkrichtung ist, eine konservative, technisch orientierte Denkweise sich zu Eigen nennt. Dieser Interpretation zufolge wäre es also so, daß "Technikfundamentalisten" alle Dinge ablehnen (überspitzt formuliert), die sich gegen die Technik "an sich" ("in itself") richten. - Technik als Philosophie ? Technik als Grundlage einer Philosophie zu machen ist - prinzipiell gesagt - durchaus möglich. Trotzdem halte ich es - aus persönlichen Präferenzen heraus - für gefährlich, denn Technik "an sich" ("in itself") geht an dem eigentlichen Wert des Lebens vorbei. Eine Technikphilosophie läuft bei zu starker Betonung der Technik "an sich" Gefahr, sich zum Sklaven dieser Technik zu machen, anstatt umgekehrt. Was dann zu einer gewissen Anhängigkeit des Menschen von Technik führen könnte - worin wir uns jetzt bereits befinden. Was würde zum Beispiel passieren, wenn es auf Jahre hinaus plötzlch keinen Strom mehr gäbe ? Wir sind - mMn - schon abhängiger, als uns lieb ist. (Diese Zeilen wurden an einem PC geschrieben -> ohne Strom nicht möglich.) Es ist mMn durchaus möglich, den Begriff einer "Technikphilosophie" als Wertfrei zu bezeichnen - z.B. bei materialistisch geprägten Gesellschaften. - "Technikfundamentalismus" - ein Schimpfwort ? Aus dem Kontext heraus, wie ich dieses Wort gelesen habe, wurde es als Schimpfwort benutzt. Der Grund ist weitgehend klar: Mit "Fundamentalisten" verbindet man seit einiger Zeit eine extrem konservative, radikale Gruppierung, die mit einigen Anschlägen auf sich aufmerksam gemacht hat. Mit dem Wort "Technikfundamentalisten" wird also versucht, eine Person - oder eine Personengruppe - abschätzig zu bearteilen, aus welchen Gründen auch immer. Gleichzeitig wird das Wort als eine implizite Warnung gebraucht: "Vorsicht: Er ist ein "Techie" und zu allem bereit!" Man impliziert also, daß ein "Technikfundamentalist" - der durch diesen Begriff abschätzig behandelt werden soll - ein gewaltbereiter Mensch ist, der für sein Ziel - bzw. seine Philosophie - der Technik "an sich" bereit ist, ohne Rücksicht zu agieren. Interessant ist daneben aber auch, daß es mit diesem Begriff möglich ist, Rückschlüsse auf den Verwender dieses Begriffes zu ziehen. Beispielsweise kommt mit der Verwendung des Wortes "Technikfundamentalismus" heraus, daß der Benutzer dieses Wortes - ein Verfechter des Lebens "an sich" ("in itself") ist - Technik ablehnt (sonst würde er das Wort nicht in oben genanntem Sinne gebrauchen) - glaubt, sich über andere Philosophien stellen zu können -> nicht Wertneutral, sondern Tendenz zum Abschätzigen - nicht davor zurückschreckt, Menschen ohne Respekt zu behandeln (Verwendung als Schimpfwort) - "Fundamentalismus" als solchen ablehnt (andere Denkrichtung) Fazit: Es ist interessant, wie sich neue Wörter bilden und mit welcher Wortbedeutung sie im Laufe der Zeit von sich reden machen. Das nun folgende ist eine Ergänzung zum Wort dazu von einem Forumsnutzer namens fremsley : > So, ich hab jetzt ein paar Mal den Ausdruck "Technikfundamentalisten" > gelesen, zwei Mal von Herrn Muck. > Ich finde diesen Begriff aus mehrfacher Hinsicht interessant: > - Im Begriff "Fundamentalismus stecken mMn zwei Wörter mit drin: > "mental" und "fundus". > Es ist also vermutlich eine Denkrichtung. Mit 'fundus' liegst du schon richtig, das wort stammt allerdings eher von 'fundamentum' -- die Endung -men oder -mentum bezeichnen dabei einfach nur 'etwas, was ist', hier also 'was am Grunde ist' bzw. 'was zu Grunde liegt'. > [...] > Fazit: Es ist interessant, wie sich neue Wörter bilden und mit > welcher Wortbedeutung sie im Laufe der Zeit von sich reden machen. Was man auch an deinen Betrachtungen wieder erstaunt feststellen darf, wenn man bedenkt, dass das eigentliche zweite beteiligte Wort vom griechischen 'technos' = Kunst abstammt. MfG Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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